Möglichkeiten zur Zertifizierung für erneuerbare Gase

Zuletzt aktualisiert: 20.10.2025

Wie werden erneuerbare Gase zertifiziert?

Je nach Anwendungsfeld können bzw. müssen erneuerbare Gase mit verschiedenen Zertifikaten oder Nachweisen ausgestattet werden. Diese können national oder international geregelt sein. Die Anwendungsfelder der Gas-Zertifikate/Nachweise können in folgende Kategorien unterteilt werden: Zielanrechnungen, Gaskennzeichnungen, freiwillige Marktinitiativen und sonstige Nachweise.

Unter Zielanrechnungen versteht man die Anrechenbarkeit von erneuerbaren Gasen wie beispielsweise Biomethan an die EU-Zielvorgaben laut Renewable Energy Directive III (RED III). Zum einen gibt es das Ziel bis 2030 42,5% des Bruttoendenergieverbrauchs der EU durch erneuerbare Energien zu decken (Art. 3 RED III) und zum anderen sollen laut Art. 25 der RED III 29% der im Verkehr eingesetzten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Für beide Ziele muss das erneuerbare Gas mit einem Nachhaltigkeitsnachweis versehen werden. Dieser Nachweis erfolgt durch einen Gutachter, der eine Massenbilanz der eingesetzten Substrate durchführt. Die Massenbilanz soll dabei nach einem von der EU anerkanntem Voluntary Scheme (ISCC, REDcert, NTA8080...) oder nach nationalen Nachhaltigkeitskriterien erfolgen und aufzeigen, dass die bei der Gasproduktion entstandenen THG-emissionen einen bestimmten fossilen Referenzwert unterschreiten. Damit Strom-, Wärme- oder Kältemengen aus Biogas an das Erneuerbaren-Ziel der Union angerechnet werden können, müssen Anlagen die größer sind als 2 MWth, die Mengen und die damit verknüpften Nachhaltigkeitsnachweise nach anerkanntem Voluntary Scheme dem Umweltbundesamt melden. Diese Informationen werden im BMEN-Register festgehalten. 

Für die Anrechnung erneuerbarer Gase auf die Kraftstoffquote ist zusätzlich zum Nachhaltigkeitsnachweis ein Proof of Origin notwendig. Dabei wird der physische und erneuerbare Wert des Gases durch eine Massenbilanz entlang der Lieferkette (Gasnetz, LKW etc.) nachgewiesen. National geschieht dies durch das Biomethanregister (AGCS) anhand der Daten der Netzbetreiber. Falls das Gas exportiert wird und nicht auf die nationalen Referenzziele (Produktionsland) angerechnet wird, kann das internationale Schema zur Massenbilanzierung von ERGaR (European Renewable Gas Registry) namens RED MB Scheme für die Erstellung eines Proof of Origins verwendet werden. Sowohl der Nachhaltigkeitsnachweis als auch der Proof of Origin sind für die Anrechnung der erneuerbaren Gase auf die Kraftstoffquote notwendig. Die Kombination dieser Zertifizierungen wird auf nationaler Ebene als Biomethannachweis bezeichnet. Dieser wird vom Biomethanregister ausgestellt und in der elektronischen Datenbank des Umweltbundesamtes namens elektronischer Nachhaltigkeitsnachweis (elNA) verwaltet.

Laut RED III Artikel 19 muss die Herkunft von Strom und Gas durch einen Herkunftsnachweis (HKN) ausgewiesen werden. Dieser HKN umfasst Informationen wie die Menge, Zeit und Ort der erzeugten Energie, sowie Angaben zur Art des Energieträgers und viele weitere. Strom-HKN sind in Österreich und international schon etabliert. Die Anwendung dieses Systems auf Gase läuft in Österreich seit 2023. Diese in der RED III verankerten Regeln werden in Österreich durch das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) und durch das Erneuerbare Ausbau Gesetz (EAG) umgesetzt. Ab 2023 müssen Gasversorger/Lieferanten die Herkunft der Energiequellen für die Gaserzeugung des Vorjahres gegenüber den Endkunden ausweisen. Alle in Österreich produzierten Gase, die durch das öffentliche Gasnetz transportiert werden, werden zu diesem Zweck mit einem HKN versehen. Falls das Gas nicht durch das öffentliche Gasnetz transportiert wird, bekommt es anstelle eines HKN ein Grüngaszertifikat. Grüngaszertifikate sind rein national im §86 EAG geregelt, finden jedoch praktisch keine Anwendung. Sowohl HKN als auch die Grüngaszertifikate werden in der HKN-Datenbank der zuständigen Stelle (E-Control) verwaltet.

Ein Zertifikat, das über keinen gesetzlichen Rahmen verfügt und welches durch die Notwendigkeit am Markt hervorging, ist das Certificate of Origin (CoO). Es wurde im Jahr 2021 durch ERGaR eingeführt um den freiwilligen europäischen Biomethanhandel zu erleichtern. Die sieben nationalen Biomethanregister aus Deutschland, Niederlande, Großbritannien, Österreich, Dänemark, Slowakei und Schweiz nehmen daran teil. Das CoO ist ein System, das sich dem Markt anpasst und ist an und für sich mit dem System der Herkunftsnachweise kompatibel, da die Zertifikate dieselben Informationen enthalten. Die HKNe werden jedoch von einer offiziell ernannten Stelle ausgestellt (E-Control in Österreich), wobei die CoO vom Biomethanregister ausgestellt wird.

Sonstige Nachweise betreffen Fördernachweise für die Anerkennung von verstromtem Biogas/Biomethan sowie die notwendigen Nachweise für dessen Anerkennung im ETS-System bzw. im nationalen Emissionshandel. Die gesetzliche Grundlage für den Fördernachweis ist das Ökostromgesetz (§§7,8 ÖSG 2012). Um eine Betriebsförderung von der Ökostromabwicklungsstelle OeMAG nach ÖSG zu erhalten, sind die Betreiber von Ökostromanlagen auf Basis von Biogas verpflichtet, die eingesetzten Brennstoffe laufend zu dokumentieren und deren Zusammensetzung jährlich nachzuweisen. Diese Jahresmeldung der Substrat-Aufstellung wird extern durch zulässige Prüfer wie beispielsweise Wirtschaftsprüfer, oder zertifizierte Sachverständige geprüft und an die zuständige Landesbehörde eingereicht. Nach positiver Prüfung und Bestätigung des Landeshauptmanns, wird der Nachweis an die Ökostromabwicklungsstelle OeMAG übermittelt. Falls das Biogas zu Biomethan aufbereitet und in das Gasnetz eingespeist wird, sind die eingespeisten Mengen monatlich zu bestätigen. Diese Mengen und jene, die aus dem Netz für die Biomethanverstromung entnommen werden, werden durch den Biomethannachweis des Biomethanregisters (AGCS) nachgewiesen. Bei der Stromerzeugung wird vom Netzbetreiber ein Herkunftsnachweis ausgestellt und von der E-Control in ihrer Stromnachweisdatenbank überwacht.

Im EU-ETS (Emission Trading System) gilt Biomasse und somit auch Biomethan als Nachhaltig und wird mit einem Emissionsfaktor von 0 versehen, wenn die RED-Nachhaltigkeitskriterien nach Art. 29 RED III erfüllt und massenbilanz-konform nach Art. 38 Abs. 5 MRR 2018/2066 nachgewiesen sind. Ein Unternehmen, das unter das EU-ETS fällt, muss am Ende jedes Berichtsjahres den Jahres-Emissionsbericht (Annual Emissions Report AER) erstellen. Dieser AER wird nach der AVR (Accreditation and Verification Regulation (EU) 2018/2067) von einem akkreditierten Prüfer verifiziert. Das Ergebnis dieser Prüfung ist der Verifizierungsbericht VOS (Verification Opinion Statement). Die verifizierte Emissionszahl wird im Unionsregister (EU-weites ETS-Kontenregister; Registry-VO (EU) 2029/1122) erfasst und soll nach der Register-Verordnung bis am 31. März als „verifiziert“ markiert werden. National erfolgt die Emissionsmeldung elektronisch über das EDM-Portal (Elektronisches Datenmanagement). Damit die Emissionen, die infolge der Biomethannutzung entstehen, im Emissionsbericht (AER) nicht als fossil bzw. „nicht nachhaltige Biomasse“ ausgewiesen werden, muss dem akkreditierten Verifizierer, für jede beanspruchte Menge ein Nachhaltigkeitsnachweis (PoS) inklusive Massenbilanzierung (z.B. durch Biomethannachweis) vorgelegt werden. Falls diese Nachweise vorliegen, erfolgt die Eintragung im Unionsregister nicht, da nur verifizierte Emissionssummen verarbeitet werden. Die Ausgabe von Emissionsberechtigungen (EUA, EU Allowances) für das Folgejahr, erfolgt auf Basis dieser Meldungen im Unionsregister.

Ein Unternehmen, das in Österreich Energieträger in Verkehr bringt, ist nach dem NEHG (Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetz) 2022 als Handelsteilnehmer im NEIS (Nationales Emissionszertifikate-Informationssystem) zu registrieren. Im laufenden Betrieb meldet der Handelsteilnehmer quartalsweise die in Verkehr gebrachten Mengen. Die Zuständige Behörde, an die der Treibhausgasemissionsbericht über NEIS übermittelt wird, ist das Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel (AnEH) im Zollamt Österreich. Biogene Energieträger wie Biomethan können von der CO2-Bepreisung ausgenommen bzw. mit Emissionsfaktor 0 angesetzt werden, wenn sie die Nachhaltigkeits- und Treibhausgasminderungskriterien der RED III inklusive Massenbilanz erfüllen. Der Nachweis der Nachhaltigkeit erfolgt über einen Nachhaltigkeitsnachweis PoS aus einem anerkannten Voluntary Scheme und die Massenbilanz (Chain of Custody) über den Biomethannachweis des Biomethanregisters (AGCS). Sind diese Nachweise nicht vorhanden, würden die Emissionen voll in die NEGH-Zahllast eingehen.


 

Übersicht über die Zertifizierungswege

Zusammenfassung der Zertifizierungen

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