Study Tour Dänemark 2025 - Nachbericht

04.12.2025

Von Biogas zu Biomethan: Status Quo, Strategie und praktische Umsetzung

Kopenhagen und Umgebung, Dänemark
17. – 19. September 2025


Die Study Tour Dänemark 2025 zielte darauf ab, Einblicke in die dänische Strategie und praktische Umsetzung im Bereich der Umstellung von Erdgas und Biogas-Verstromung auf Biomethan-Netzeinspeisung zu gewinnen. Dänemark gilt als Vorreiter in diesem Sektor und verfolgt das Ziel, bis 2030 100 Prozent des Gasverbrauchs durch grünes Gas, hauptsächlich Biomethan, zu decken.

Die österreichische Delegation setzte sich aus Expert:innen aus verschiedenen Bereichen wie der Gasproduktion, Netzbetreibern, Energieversorgern, Beratung sowie der Bundes- und Landesverwaltung zusammen.
 
Die dreitägige Tour umfasste eine Kombination aus fachlichen Gesprächen mit der dänischen Energieagentur und dem Biogasverband, Besuchen bei Netzbetreibern – EVIDA und Energinet und einer Anlagenbesichtigung bei Nature Energy.
 

Dänische Energieagentur und Biogasverband

Die Gespräche konzentrierten sich auf das dänische "Biogas-Modell", die regulatorischen Rahmenbedingungen und die technischen Herausforderungen der Integration von Biomethan in das Gasnetz.
 
Dänemark stützt sein „Biogas-Modell“ auf die Kreislaufwirtschaft und landwirtschaftliche Rückstände wie Gülle, Erntereste und organische Abfälle aus Haushalten und der Industrie. Die Erdgasproduktion geht in Dänemark seit 20 Jahren zurück, während die Biomethanproduktion stark zunimmt. Im Jahr 2024 stammten bereits circa 40 Prozent des gesamten Gasverbrauchs aus Biomethan. Die Regierung strebt an, bis 2032 100 Prozent grünes Gas im Netz zu haben. Dänemark gilt als europäischer Vorreiter und ist auf dem besten Weg, die REPowerEU-Ziele von 35 Mrd. Kubikmetern Biomethan bis 2030 zu erfüllen.
 
Die dänischen Förderregelungen haben sich im Laufe der Zeit verschoben.
    ◦ Ursprünglich gab es Einspeisetarife (FiT) und Prämien für KWK-Anlagen (bis 2012)
    ◦ Zwischen 2012 und 2019 gab es 20-jährige Förderungen für aufbereitetes Biogas
       (Biomethan)
    ◦ Seit 2020 erfolgen Förderungen primär über Ausschreibungen (Tenders), die auf
       20 Jahre garantiert sind und sich nur auf Biomethan und E-Methan konzentrieren
 
40 Prozent der Nutztiergülle werden in Biogasanlagen vergoren. Die Nutzung von Energiepflanzen ist stark reguliert (z.B. Obergrenze von 4%, Maisverbot ab 2025). Logistische Effizienz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor der rasanten Entwicklung des Biomethansektors in Dänemark.


 

Rolle der Netzbetreiber – Energinet und EVIDA

Die Umstellung auf Biomethan erfordert umfangreiche Anpassungen der Gasinfrastruktur.
Energinet ist ein unabhängiges öffentliches Unternehmen im Besitz des dänischen Ministeriums für Klima, Energie und Versorgung und betreibt das Übertragungsnetz (1.100 km, 80 bar). Der Erfolg der Biomethanentwicklung wird auf günstige Gasqualitätsanforderungen, obligatorischen Netzzugang, Zuschüsse und die Bezahlung von Netzausbauten durch Übertragungsnetzbetreiber (Transmission System Operator – TSO) und Verteilnetzbetreiber (Distribution System Operator - DSO) zurückgeführt.
Die Biomethan-Einspeisepunkte erlauben bis zu 0,5% Sauerstoff (O2), während Exportpunkte (z.B. nach Deutschland) extrem niedrige Grenzwerte (0,001%) erfordern.


 




 
EVIDA, im Besitz des Finanzministeriums, betreibt das Verteilnetz (15.800 km Kunststoffrohre). Von 58 Biomethanproduzenten sind 57 an das DSO-Netz angeschlossen.
Es wird mit einem weiteren Rückgang der Gasanschlüsse von privaten Haushalten und einer fortschreitenden Elektrifizierung der Industrie gerechnet, jedoch auch mit einem Anstieg von Biomethanproduzenten. Evida muss das Netz an dezentrale Einspeisungen anpassen. Zu den Strategien zur Netzbilanzierung gehören die Nutzung von Line Pack (Speicherkapazität des Netzes), der Einsatz von Kompressoren (44 Standorte, 110+ Einheiten, Schlüsselkomponente) und der strategische Netzausbau mit Rückflusskompressoren. Produzenten zahlen eine einmalige Anschlussgebühr sowie jährliche Mengen- und Kapazitätstarife.
 

Gas Storage Denmark (Speicherbetreiber)

Gas Storage Denmark, eine Tochtergesellschaft von Energinet, betreibt zwei Gasspeicher mit in Summe rund 10 TWh Speicherkapazität. Die Umstellung auf grünes Gas führte seit 2022 zu Herausforderungen, einschließlich der Bildung von "schwarzen Substanzen" (hauptsächlich Eisen, Schwefel und Kohlenwasserstoffe) in den Speichereinrichtungen, was auf Veränderungen in der Gasqualität zurückgeführt wird. Trotz der physischen Durchmischung von Biomethan und Erdgas im Netz wird Biomethan bei der Lieferung an den Kunden als "Erdgas" gekennzeichnet, wobei der grüne Wert durch Herkunftsnachweise (GOs) dokumentiert wird.

Die Produktion und Nutzung von „Biogas“ wird in Dänemark als Lösung für vielfältige Herausforderungen positioniert:
  • Reduzierung von Treibhausgasemissionen aus dem Landwirtschafts- und Energiesektor
  • Minderung der Methanemissionen durch die Vergärung von Gülle
  • Schaffung nachhaltiger Landwirtschaft, Nährstoffrückführung (N, P, K, Kohlenstoff) und reduzierte Nitratauswaschung
  • Bereitstellung speicherbarer erneuerbarer Energie zur Stabilisierung des Energie- und Wärmesystems
 






Fazit

Der Study Tour Dänemark, dessen Fokus auf dem Übergang „Von Biogas zu Biomethan: Status Quo, Strategie und praktische Umsetzung“ lag, war ein voller Erfolg. Die Delegation erhielt tiefgreifende und praxisnahe Einblicke in das dänische "Biogas-Modell", das als europäischer Vorreiter gilt und das strategische Ziel verfolgt, den Gasverbrauch bis 2030 zu 100 Prozent durch grünes Gas (Biomethan) zu decken. Durch die direkten Gespräche mit zentralen Akteuren wie der Dänischen Energieagentur, Biogas Denmark, dem Übertragungsnetzbetreiber Energinet, dem Verteilnetzbetreiber Evida und Gas Storage Denmark sowie die abschließende Besichtigung der Nature Energy Anlage konnten kritische Erfolgsfaktoren identifiziert werden. Diese umfassen stabile 20-jährige Förderrahmen durch Ausschreibungen (Tenders), effiziente Prozesse – allen voran in der Logistik –, die technische Notwendigkeit und den Einsatz von über 110 Kompressoren zur Bewältigung der dezentralen Einspeisungen sowie die strategische Positionierung von Biomethan als Multi-Lösung zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und zur Kreislaufwirtschaft. Die umfassenden Erkenntnisse zur Netzadaption, zur Verwertung von biogenem CO2 für PtX-Anwendungen und zu den regulatorischen Rahmenbedingungen bieten der österreichischen Delegation eine wertvolle und fundierte Basis für die Beschleunigung der eigenen Grün-Gas-Strategie.

 


Alle Fotos:  © EVN/SEG